Matthäus-Passion 1789 BR‑CPEB Dp 4.6; H 802; Wq deest GND

sonst. Verzeichnisse
NV 1790, S. 61 [4];
AK 1805 Nr. 61 und 98;
Kat. Kaisersammlung, S. 12;
Kat. Poelchau 1832, Bl. 26r, Nr. 10c;
Kat. Zelter 1832, C I 331 / 915
Gattung
Passion
Bestimmung
Passionszeit
Besetzung
S*, A*, T*, B*, S, A, T, B; 2 Fl trav, 2 Ob, Fag, 2 Vl, Va, Bc
Eintrag im gedruckten Werkverzeichnis

Entstehungszeit, Werkgeschichte
vor 14.12.1788
die letzte der 21 Passionen C. P. E. Bachs wurde noch vor seinem Tod vollendet. Da bei der 1785er Passion (→ BR-CPEB Dp 4.5) bereits am 1.12.1784 die Arbeiten soweit abgeschlossen waren, dass die Stimmen ausgezogen werden konnten, ist davon ausgehen, dass dies Bachs normalem Arbeitsrhythmus entsprach. Das Nachlass-Verzeichnis 1790, S. 61, bezeichnet die Passion für 1789 als „die letzte Arbeit des Verfassers“.
Nachdem C. P. E. Bach in den Jahren zuvor zunehmend dazu übergegangen war, die Arien und Chöre aus eigenen Kompositionen – vornehmlich Liedern – zu bearbeiten bzw. neu zu komponieren, griff er bei seiner letzten Passion wieder umfangreich auf bewährte Vorlagekompositionen zurück: drei häufig verwendete Passionen von Homilius, die Johannes-Passion HoWV I.4, das Passionsoratorium „Nun, ihr, meiner Augen Lider“ HoWV I.9 und die Markus-Passion HoWV I.10.
Während C. P. E. Bach die beiden Sätze aus dem Passionsoratorium von Homilius exakt so wiederverwendete wie in der Passion von 1773 (Secco-Rezitativ zum Accompagnato bearbeitet, D.S. der Arie gekürzt), allerdings hier nun nicht mehr in direkter Abfolge (BR-CPEB Dp 4.2 (1773), Satz 7 und 8, BR-CPEB Dp 4.6 (1789), Satz 18 und 25, wurden die Arien aus der Johannes-Passion (Satz 6, 9 und 14) sowie aus der Markus-Passion (Satz 19) von Homilius für die vorliegende Passion nicht nur mit neuen Texten versehen, sondern tiefgreifend bearbeitet und gekürzt. Jedoch musste C. P. E. Bach hierbei immer wieder auch neue Passagen komponieren, um die einzelnen Teile zusammenzufügen. Alle diese Arien hatte C. P. E. Bach zuvor bereits unbearbeitet verwendet (Satz 6: BR-CPEB Dp 9/5a–c (1776), 9: BR-CPEB Dp 9/9 (1776), 14: BR-CPEB Dp 5.2/15 (1774), 19: BR-CPEB Dr 5.1/13 (1770)).
Den eröffnenden Chor (Satz 2, wiederholt als Satz 27) leitete C. P. E. Bach aus den beiden Litaneien BR-CPEB H 53 ab; die Chorteile entstammen den jeweils letzten Takten beider Kompositionen, die Orchestereinleitung ist neu komponiert. Die Passion wurde 1789 durch den Sänger Friedrich Martin Illert nach einem lange etablierten Rhythmus in den Hamburger Hauptkirchen aufgeführt. Weitere Aufführungen an Werktagen können ferner in den Nebenkirchen angenommen werden.
Historische Aufführungen
, Hamburg, St. Petri (Erstaufführung) (Link zum Ereignis)
Sonntag Invokavit
, Hamburg, St. Nicolai (Link zum Ereignis)
Sonntag Reminiscere
, Hamburg, St. Katharinen (Link zum Ereignis)
Sonntag Laetare
, Hamburg, St. Jacobi (Link zum Ereignis)
Sonntag Judica
, Hamburg, St. Michaelis (Link zum Ereignis)
Sonntag Palmarum
Werkrelation:
ist Revision von BR-CPEB Dp 4.1H 782Wq deest
ist Adaption von BWV 244BC D 3b
Bemerkungen
Pasticcio mit Kompositionen von C. P. E. Bach, J. S. Bach und G. A. Homilius, aufbauend auf der Matthäus-Passion von 1769 (BR-CPEB Dp 4.1).
In der autographen Partitur einzelner Sätze werden an Sängern genannt: Peter Nicolaus Friedrich Delver (Alt), Kirchner (Vornamen unbekannt, Tenor), Friedrich Martin Illert (Bass) und Johann Andreas Hoffmann (Bass). Falls es bei dieser von C. P. E. Bach vorgenommenen Verteilung der Stimmen blieb, wäre Illert neben der Leitung der Aufführung auch die Partie des Jesus zugefallen.
Eine kurz nach der Aufführung von 1789 von Illert angefertigte Liste der Sänger nennt ferner Schumacher und Neidel (Vornamen unbekannt, Sopran), Johann Matthias Seidel (Alt), Johann Heinrich Michel und Leopold August Elias Steinegger (Tenor).

Text des Vokalwerks
1. Passionsbericht
Satz 3, 5, 7, 11, 13, 15, 17, 20, 22, 24 und 26: Mt 26,36 bis 27,50
2. Choräle
Satz 1: H. Held, „Jesu, meiner Seele Licht“, Strophe 1;
Satz 4: A. Markgraf von Brandenburg, „Was mein Gott will, das gescheh allzeit“, Strophe 1;
Satz 10, 23, 28: P. Gerhardt, „Der du voll Blut und Wunden“, Strophe 3, 2, 8;
Satz 12: P. Gerhardt, „O Welt, sieh hier dein Leben“, Strophe 4;
Satz 16: J. Heermann, „Jesu, deine tiefe Wunden“, Strophe 4;
Satz 21: J. Heermann, „Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen“, Strophe 4
3. Übrige Sätze
Satz 2 und 27: Der Text stammt aus der – von C. P. E. Bach in BR-CPEB H 53 vertonten – „Deutschen Litanei“ Martin Luthers (1483–1546), 1529.
Satz 6, 8, 9, 14 und 19: Herkunft unbekannt (Satz 6, 9, 14 und 19: Parodietexte).
Satz 18 und 25: Herkunft ebenfalls unbekannt. Bei diesen Sätzen handelt es sich um textlich unverändert übernommene Sätze aus dem Passionsoratorium „Nun, ihr, meiner Augen Lider“ von G. A. Homilius HoWV I.9.

Originalquellen
D-B Mus.ms. Bach P 339, Faszikel 4 [Partitur]
D-B Mus.ms. Bach P 339 [Konvolut] [Partitur und Stimme(n), Libretto]
D-Bsa SA 36 [Stimme/Stimmen]
Weitere Quellen
A-Wgm III 27038 (H 27768) [Partitur]

Edition
Literatur
Miesner 1929, S. 65
Clark 1984, S. 32, 87, 94–106, 109, 120
Schulze 1990, S. 337f.
Schulze 2001, S. 279
Leisinger 2002a, S. 113, 115ff.
Franklin 2005
Enßlin/Rimek 2010
Enßlin 2011, S. 61

persistente ID
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letzte Änderung
02.08.2021 - 18:22:01