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Das wohltemperierte Klavier feiert 300. Geburtstag!

Zusammenfassung:
Eines der berühmtesten Klavierwerke der Musikgeschichte feiert Geburtstag. Im Jahr 1722, also genau vor 300 Jahren komponierte Johann Sebastian Bach den ersten Teil seines "Wohltemperierten Klaviers" (BWV 846-869).

Inhalt:
Der Text auf dem Titelblatt des Manuskripts von Bach eigener Hand lautet folgendermaßen: Das Wohltemperirte Clavier oder Præludia, und Fugen durch alle Tone und Semitonia, so wohl tertiam majorem oder Ut Re Mi anlangend, als auch tertiam minorem oder Re Mi Fa betreffend. Zum Nutzen und Gebrauch der Lehrbegierigen Musicalischen Jugend, als auch derer in diesem studio schon habil seyenden besonderem Zeitvertreib auffgesetzet und verfertiget von Johann Sebastian Bach. p. t: Hochfürstlich Anhalt-Cöthenischen Capel-Meistern und Directore derer Camer Musiquen. Anno 1722. Wie diesem Titeltext zu entnehmen ist, verfolgte Bach mit der Sammlung vor allem einen pädagogischen Zweck: Ihm dienten die je 12 Präludien und Fugen als Unterrichtsmaterial für seine zahlreichen Schüler. – Diese Intention hat zweifellos weit über Bachs eigene klavierpädagogischen Aktivitäten hinaus in den vergangenen drei Jahrhunderten ihr Ziel erreicht: Ob Mozart, Beethoven, Liszt oder Busoni, ob die großen Pianisten unserer Zeit oder zahllose Klavierschüler weltweit – für sie alle war und ist das „Wohltemperierte Klavier“ die Grundlage ihrer musikalischen Ausbildung, denn Bach vereinigt hier unzählige musikalische Formen und pianistische Spielarten. Konsequent durchschreitet die Sammlung die chromatische Tonleiter von c bis h und präsentiert für die Dur- und Molltonarten aller zwölf Halbtöne jeweils ein Präludium und eine Fuge. Aus heutiger Sicht erklärungsbedürftig sind die Begriffe „wohltemperiert“ und „Clavier“. Als „Clavier“ wurde zu Bachs Zeit alle damals gängigen Tasteninstrumente (Orgel, Cembalo, Clavichord) bezeichnet. Bach lies also offen auf welchem Instrument die Ausführung erfolgen sollte. Es ist jedoch ohne Zweifel, dass die Orgel nicht gemeint war, da die Setzweise eindeutig auf die zwei Hände des Spielers zugeschnitten ist. Der größte Teil des Werks ist daher offenbar für Clavichord oder Cembalo konzipiert. Nach einer Äußerung Johann Nikolaus Forkels hatte Bach eine Vorliebe für das Clavichord. Im Nekrolog von 1754 steht dagegen über Bach: „Die Clavicymbale wußte er, in der Stimmung, so rein und richtig zu temperiren, daß alle Tonarten schön und gefällig klangen. Das Wort „wohltemperiert“ bezieht sich dabei auf die 1681 v. a. von Andreas Werckmeister entwickelte und von ihm so bezeichnete „wohltemperierte Stimmung“, die das Spielen in allen Tonarten des Quintenzirkels ermöglichte. Im Unterschied dazu machten die sogenannte „reine“ und die „mitteltönigen Stimmung“ nur eine begrenzte Anzahl von Tonarten verfügbar, wodurch die Modulationswege eingeschränkt waren. 1740/42 griff Bach die Idee des „Wohltemperierten Klaviers“ erneut auf und fertigte einen II. Teil an, der ebenfalls aus 24 Präludien und Fugen in allen Tonarten besteht.

Links:
Titelseite des Autographs des 1. Teils des Wohltemperierte[n] Clavier[s] - Handschrift: D-B Mus.ms. Bach P 415 (Staatsbibliothek zu Berlin)

Christiane Hausmann