Carl Wilhelm Ferdinand Guhr (1787 - 1848). Kapellmeister in Nürnberg, Wiesbaden, Kassel und Frankfurt

Der im schlesischen Militsch geborene Guhr stammte aus einer Musikerfamilie. Der Vater Carl Christoph Guhr, ein Kantor an der evangelischen Gnadenkirche in Militsch/Militschau in Schlesien und Bediensteter in der Kapelle des Grafen von Maltzan, sorgte für eine gründliche musikalische Ausbildung seines Sohnes. Dieser wurde denn auch als 14jähriger als Geiger in die Kapelle aufgenommen, ging als 16jähriger nach Breslau zur weiteren Ausbildung und von da wieder zurück nach Militsch.
1807 wurde Guhr Kammermusiker in Würzburg (Violine), 1808 ging er als Kapellmeister nach Nürnberg, wo er seine ersten Opern aufführte.
Nach einer kurzen Zeit (1812-1813) an der Hofoper in Wiesbaden folgte er 1813 einem Ruf an das Kasseler kurfürstliche Hoftheater, wo er schließlich vier neue Opern auf die Bühne brachte.
1821 übernahm er die Leitung der Frankfurter Oper, die er bis zu seinem Tod innebehielt.
Er hatte zahlreiche Kontakte zu bekannten Musikerpersönlichkeiten seiner Zeit (u.a. Richard Wagner und Felix Mendelssohn Bartholdy) und dirigierte viele Werke Beethovens. Sein Führungsstil scheint schon früh legendär gewesen zu sein ("sicherer, strenger und despotischer Dirigent" (R. Wagner)), auch als Violin- und Klaviervirtuose war er seinerzeit sehr bekannt.
Neben Opern komponierte er auch (kontrapunktisch gut ausgearbeitete) Messen und Sinfonien. Guhr betätigte sich nebenbei als Musikalienhändler (in Kommission für die Firma Breitkopf & Härtel).
Als Sammler von Bach-Autographen war er in seiner Zeit bekannt. Franz Hauser und Mendelssohn erwähnen dies mehrfach. Über den Umfang der autographen Quellen gibt es jedoch keine genauen Angaben. Bei dem sogenannten "Mendelssohn-Autograph" aus Guhrs Besitz - dieser schenkte es dem Komponisten - handelt es sich in Wahrheit um eine Abschrift des Bachschen Hauptschreibers Christian Gottlob Meißner. Hauser zählt neben dem Orgelbüchlein noch folgende angeblich autographe Werke aus Guhrs Besitz auf: BWV 574, 735, 766 und 910. Im Katalog Radowitz wird außerdem BWV 944 genannt. Nach Schriftvergleichen zwischen Briefen Guhrs und Aufschriften auf vielen Handschriften der Sammlung Scholz (im Johann-Sebastian-Bach-Institut Göttingen) hat sich herausgestellt, daß sich diese große Nürnberger Bach-Sammlung zeitweilig im Besitz Guhrs befunden haben muß. Zahlreiche Titel (und Nachweise gedruckter Ausgaben von Clavierwerken bei Hoffmeister & Kühnel) stammen von Guhr. Dieser hat vermutlich während seiner Nürnberger Zeit Gelegenheit gehabt, die Sammlung, deren Begründer Leonhard Scholz bereits 1798 verstorben war, zu erwerben.
Quellen:
Carl Gollmick, Nekrolog, Frankfurt/a.M. 1848